Catins: der Wortbeginn ‚Ca‘ deutet meistens auf ‚casa‘, also Haus hin. Die Endung ‚tins‘ könnte die Endung eines Vornamens sein, wie zum Beispiel Martin, Florentin, Augustin oder auch Valentin, also das Haus des Martins. Gemäss Aussagen von Zeitzeugen gab es früher auch ein Haus Catins.
Ruosna ist romanisch und bedeutet Loch. Damit ist Gonda-Sut gemeint mit den sechs Gebäuden oberhalb der Lukmanierstrasse.
Gonda bedeutet eigentlich Steinhalde, also ein Ort wo viele Steine zu finden sind. Früher, als der Aclettabach noch nicht kanalisiert war, brachte das Wasser vor allem bei Unwetter viele Steine zu Tal. Diese lagerten sich an den Seiten des Baches, dort wo heute die Häuser stehen.
Dulezi: früher Prau Pervenda, also Pfarreiwiese.
Cons: das romanische Wort bedeutet Hügel, wohl ist hier der Anstieg gemeint.
Disentis, vom lateinischen Wort disentire = Zweiweggabelung, also die Weggabelung zum Oberalp-, bzw. Lukmanierpass oder Desertina = die Einöde, der verlassene Ort
Früher, das heisst noch vor 50 Jahren, stand die Kirche fast alleine auf der Wiese. Auf der Südseite stand das alte Pfarrhaus und angrenzend die Dorfteile s. Gions (Gion = Johannes), Catins, Ruosna und Gonda. Heute sieht man mit Ausnahme des Schulhausplatzes nichts mehr von den Wiesen. Neue Häuser wurden gebaut und neue Quartiere entstanden, wie zum Beispiel auf dem Bild das Quartier Dulezi.
Dulezi wurde zusammen mit Cons zwischen 1960 – 1990 überbaut. Die mehrheitlich Einfamilienhäuser stehen hier Reih und Glied, anders als in den alten Dorfteilen, wo die Häuser eng nebeneinander gebaut sind. Massgeblich trug das erste Baugesetz aus dem Jahre 1971 dazu bei, welches erstmals klare Richtlinien für den Bau von Gebäuden beinhaltete.
Drehen wir uns Richtung Kloster, so kommen wir in das Zentrum des heutigen Disentis. Während die Arbeiter und Bauern früher in Gonda und Raveras wohnten, ist hier der Dorfteil der Disentiser Aristokratie. Die Häuser sind unüblicherweise für die Region aus Stein, mehrstöckig, mit mächtigen Fassaden und teilweise sogar bemalt. In der Dorfmitte, just unterhalb des Klosters hielt die Postkutsche, hier war Umschlagplatz und hier war auch Landsgemeindeplatz. Wir nennen diesen Teil einfach Vitg, was Dorf bedeutet. Die Ortsbezeichnung sagt aber einiges über die Dorfgeschichte aus, so zum Beispiel, dass diese Fraktion (=Dorfteil) eben einmal eigenständig war.
Die Zentrumsfunktion von Disentis blieb bis heute. Disentis ist nicht nur Kulturort, sondern regionales Zentrum in wirtschaftlicher und politischer Sicht. Die Landsgemeinde wurde 2002 leider abgeschafft und durch die Urne ersetzt. Vor 2002 wurden alle zwei Jahre, später alle drei Jahre ‚cumin‘ (= Landsgemeinde) gehalten. Regionale Abstimmungen und vor allem die Wahl der abgeordneten in den grossen Rat nach Chur und die des ‚mistral‘ (=Landsgemeindeamman) fanden hier statt.
Ein stummer Zeuge dieser Zentrumsfunktion ist ein unscheinbarer Brunnen im Dorfkern, der Pader Placi a Spescha Brunnen. Dieser Brunnen, als Andenken an den berühmten Pater, hat sieben Seiten, eine eher unübliche Form. Jede Seite trägt den Wappen einer Gemeinde der Cadi (Cadi von casa dei, Gotteshaus, politisch für den oberen Teil des Vorderrheins), jene Region, die letztendlich dem Kloster als Staatsgebiet übrig blieb.
Unterhalb des Dorfkerns liegt heute der Bahnhof, erbaut 1910. Im Kapitel Verkehr ist die Entstehungsgeschichte des Bahnhofes und der Bahn allgemein näher beschrieben. Durch die Gassa Gronda, die grosse Gasse, geht es hinauf zum Kloster, das Wahrzeichen von Disentis. Übrigens: das Kloster war früher nicht nur Mittelpunkt der Region, sondern gab unserem Dorf auch den Namen: das romanische Wort ‚Mustér‘ stammt vom griechischen Wort ‚monasterion‘ ab, was Kloster bedeutet.
Am 6. Mai 1799 entfachte sich ein Streit zwischen den Anhängern des französischen Königs und denen des deutsch-österreichischen Kaisers. Aus Wut, dass die Disentiser Aristrokatie und das Kloster siche gegen die Franzosen aufstanden, zündeten die Franzosen das Dorf udn das Klsoter Disentis an. Beim Gemeindehaus steht auf der Ostfassade ein Denkmal unter dem Titel „Armas e larmas“ (Waffen und Tränen). Eine Liste der gefallenen Disentiser finden Sie hier.
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