Pader Placi a Spescha

Aus dem Biografisch – Bibliografisches Kirchenlexikon:

SPESCHA, Placidus a, 
* 8. Dezember 1752 in Trun/Graubünden, † 4. August 1833 in Trun, Benediktinerpater, Alpinist und Sprachforscher. – Spescha wurde 1752 als Sohn des Petrus Laurentius Spescha und der Anna Maria Genelin im Dorf Trun geboren und erhielt bei der Taufe die Namen der Patrone Julius und Johannes Baptista. Zwischen seinem 10. und dem 13. Lebensjahr arbeitete er als Viehhütebub und erlernte in dieser Zeit das surselvische Idiom seines Heimattales zu schreiben und gleichzeitig Deutsch zu lesen. Zur Förderung seiner Fähigkeiten wurde er nach Chur geschickt wo der Hofkaplan Thomas Romanin ihn in Latein und Musik unterrichtete. Mit seinem Lehrer zog er 1770 nach Mals und Tartsch im oberen Vintschgau. Am 11. Juli 1771, dem Tag des Klosterpatrons Placidus, kam Spescha mit 19 Jahren in die Klosterschule Disentis und schloß sich am 3. Oktober 1774 unter Abt Columban Sozzi der benediktinisches Klostergemeinschaft an. 1776 wurde er zum Studium der Philosophe und Theologie in das Kloster Einsiedeln geschickt, er er am 25. Mai 1782 durch den Nuntius Fürstbischof Maximilian Christoph von Rodt zum Priester geweiht wurde. Noch im gleichen Jahr kam er in das Hospiz Sogn Gions am Lukmanierpaß, wo er seine Vorliebe für die Berge und das Sammeln von Kristallen entwickelte. Bis 1788 hatte er eine recht umfangreiche Sammlung von Kristallen und anderen Naturalien angelegt. Bereits in dieser Zeit wandte er sich auch dem Studium der Geschichte und seiner surselvischen Muttersprache zu. Über seine weitere Tätigkeit im Kloster Disentis ist nur wenig bekann. Am 10. Juni 1704 wurde ihm von der Gemeinde Trun als Beneficiaten der Wallfahrtskirche Maria Licht in Acladira ein Maiensäss zur Nutzung übergeben. Doch im Jahre 1799 sollte sich sein Leben grundlegend verändern. Am 1. März des Jahres hatte Frankreich Österreich den Krieg erklärt und Graubünden wurde zum Kriegsschuplatz. Französische Truppen wurden zwar zurückgedrängt, doch als die Franzosen die Rheinbrücken bei Reichenau besetzten, sandte die Cadi eine Gesandtschaft. Da Pater Placidus a Spescha als franzosenfreundlich galt, gehörte er dieser an. Man konnte zwar französische Einquartierungen nicht verhindern. Als das Kloster Disentis die von den Franzosen auferlegte Kriegskontribution nicht zahlen konnte, mußte Spescha auch seine Handschriften, Kristalle und seine Sammlungen herausgeben. Nachdem am 1. Mai ein Aufstand der Bauern aus der Surselva ausgebrochen war, zündeten die Franzosen am Morgen des 6. Mai das Kloster in Brand. Nachdem sich zwei Wochen später das Kriegsglück zu Gunsten der Österreicher wandelte, wurde Spescha von diesen wegen seiner Franzosenfreundlickeit nach Innsbruck deportiert. Die Schuld daran gab er seinem Mitbruder Pater Adalgott Waller. 18 Monate lang wurde er dort im Servitenkloster in milder Haft gehalten. Die von ihm in Innsbruck gemachten Schulden wurden nach seiner Rückkehr vom Kloster übernommen. Am 14. September 1801 versprach er, sich für das Wohl des Klosters einzusetzen, was einer Professerneuerung gleichkam. Da das Kloster Disentis durch den Verlust seiner Veltliner Besitzungen und die Zerstörung von 1799 völlig veramt war, wurden die Patres auf Seelsorgeposten geschickt. Spescha kam 1801 auf das Benefizium Rumein im Lugnez. Er wollte von der helvetischen Regierung erreichen, daß ihm diese Stelle auf Lebenszeit und in vollständiger Unabhängigkeit vom Kloster zugesichert werde. Nachdem 1804 P. Anselm Huonder zum Abt gewählt worden war, wollte Spescha nach Bergamo ziehen und die meisten Patres waren dafür, ihm die kanonische Entlassung zu verschaffen. In der neu errichteten Klosterschule wurde er nicht angestellt, weil er sich für ein rein romanisch-lateinisches Gymnasium eingesetzt hatte, indem kein Deutsch gelehrt oder gesprochen wurde. So war er ab 1804 auf verschiedenen Seelsorgestationen in der Surselva zu finden. Im Jahre 1810 bemühte er sich um die Entlassung aus dem Klosterverband und um die Aufnahme in den Diözesanklerus, was aber weder von seinem Abt noch vom Churer Bischof genehmigt wurde. 1812 installierte er sich ohne Erlaubnis der Kurie in der Gemeinde Sedrun. Aus verschiedenen seiner Seelsorgestationen waren Klagen über sein Verhalten und seine Seelsorgemethoden zu hören. Vor allem wurde immer wieder kritisiert, daß er häufig abwesend sei. So zog ihm die Gemeinde Vals im Jahre 1806 Teile des Gehaltes wegen seiner häufigen Abwesenheit zu Bergtouren ab. Der erboste Spescha bezeichnete daraufhin die Valser als Räuber. Auch mit seinem Vorschlag, den Zölibat der Priester aufzuheben, machte sich Spescha zu seiner Zeit keine Freunde. Ende Juli 1814 wurde er vom Abt nach Disentis zurückberufen. Im September 1816 ging er nach Trun und ließ sich im Sommer 1817 von den Bewohnern auf Lebenszeit zum Kaplan wählen. Als es wegen dem eigenmächtigen Ankauf eines Hauses für die Kaplanei zu Schwierigkeiten kam, beantragte Abt Anselm 1818 die Versetzung in ein anderes Kloster der Kongregation, wo er noch zum Beichtstuhl und Predigen tauglich sein könne. Im Jahre 1820 gab es wegen der Erichtung einer Armenanstalt in Trun neue Auseinandersetzungen. Als nach dem Tode des Abtes Anselm Huonder eine Visitation in Disentis durchgeführt wurde, stellten die Visitatoren über Spescha fest, daß er viele Nachteile verursacht habe. Mit zunehmenden Alter wurde er immer verbitterter. Im Alter von 81 Jahren verstarb er am 14. August 1833 im Klosterhof in Trun. – Besonderes Bedeutung hat Spescha als rätoromanischer Sprachforscher Verteidiger seiner Muttersprache, sowie als einer der frühen bedeutenden Alpinisten in Graubünden. Immer wieder setzte er sich für seine rätoromanische Muttersprache ein. Der größte Teil seiner recht umfangreichen Manuskripte sind bisher nicht veröffentlicht worden.

 
Erich Wenneker

Schreibe einen Kommentar